KAPITEL ACHT: NACHSPIEL Rafe Zetters Holobild auf der Kommandobrücke der NEMESIS schien vor Stolz zu glänzen und zu flimmern. Hinter ihm war -ein beinahe heime- liger, beruhigender Anblick -der Planet Lave in seiner ganzen Größe zu sehen. Die letzte der Myrmurths und ihre wertvollen Parasiten waren in zwei Nattern der Navy verladen worden. Obwohl der endgültige Preis noch nicht feststand, war schon klar, daß er nicht unter einhundert Credits pro Exemplar betragen würde. 'Ich wußte, daß Du es schaffen würdest' , sagte Rafe und pfriemte, sich seinen strähnigen Backenbart streichend, zufrieden vor sich hin. 'Ich war fast sicher -jedenfalls so sicher, daß ich Dich nach Cirag schickte, bevor Du eigentlich soweit warst.' 'Wir hätten getötet werden können', murmelte Alex, 'die Methode kommt mir ein wenig hinterhältig vor.' 'Ach was! Ein guter Kämpfer, sogar wenn er ELITE ist, weiß, wann er Reißaus nehmen muß, vor allem auch, wie er es anstellen muß. Ich bin stolz auf Dich: Du bist geflohen und hast trotzdem gewonnen.' Während sie sich unterhielten, erreichte sie eine Botschaft vom Haupt- quartier der Galaktischen Polizei (Coriolis-Station Nr.6, Lave). 'Glückwünsche an Alex Ryder und Dank von der Galaktischen Föderation der Bewohnten Welten für seine Bemühungen und seine Erfolge bei der Zerstörung von Piratenschiffen, gemeldet von Ihnen selbst und dokumentiert durch V-Filme. Wir freuen uns, Ihnen den Kämpfer-Rang 'tödlich' verleihen zu dürfen. Ihr 'Kriminellen'-Status wird hiermit aufge- hoben. Ihr neuer Rang wird über GalKom innerhalb eines Standardtages bekanntgegeben. ENTSCHEIDE SORGSAM, GEGEN WEN DU KÄMPFST UND SEI STARK.' So hatten sich die Dinge also entwickelt. Alex war noch keine zwanzig und hatte in einem Rutsch einen Rang erreicht, von dem die meisten Leute nur zu träumen wagten. Er war nun 'Tödlich'; er hatte die Kobra zur Strecke gebracht. Alex hatte nicht daran gedacht zu fragen, weshalb sie seinen Vater getötet hatte; auch ihr Pilot interessierte ihn wenig. Er nahm an, daß sich der Killer damit nur eine Belohnung verdient hatte. Statt dessen fragte er Rafe: 'Warst Du sicher, daß das Schiff in der Gegend von Cirag sein würde?' 'Ich hatte so eine Ahnung. Deshalb haben wir Dir die Tharglets mitgegeben. Niemand, wirklich niemand -jedenfalls, wenn er ein ausge- machter Bösewicht ist -kann solch einer Versuchung widerstehen. Ich wußte, daß Dir das jeden Freibeuter innerhalb eines Lichtjahres auf den Hals hetzen würde, aber ich wußte auch, daß Du sie schaffen würdest. Und was das Wichtigste ist: Ich war sicher, daß Deine Ladung die Cobra anlocken würde. Du hast dich gut geschlagen. Du hast den Kämpferinstinkt gezeigt, der mir immer an Jason aufgefallen war. Er hatte den Bogen raus -Du bist sein Nachfolger.' 'Und wohin soll ich ihm nachfolgen?' Rafe gluckste und wiegte bedenklich seinen Kopf: 'Das, junger Mann, ist die große Frage. Dein Vater suchte das sagenumwobene Raaxla. Aber: Exi- stiert es überhaupt- oder ist es nur ein Märchen? Wenn es Raaxla gibt, dann hat es -so erzählen jedenfalls die Mythen -einen Zugang zu anderen Universen und damit zu weiteren Schätzen; Prämien, Wesen, Leben... Jason Ryder war davon überzeugt, daß es Raaxla gibt. Dafür lebte er und deshalb wurde er Mitglied des Dunklen Rades, dieser Vereinigung, die Legenden nachspürt. Ich hatte bis kurz vor seinem Tod nicht mehr viel von ihm oder über ihn gehört, da kam er zu mir und berichtete, daß er Beweise für die Existenz von Raaxla habe. Er war gerade von den Rand- bezirken des bekannten Universums zurückgekehrt und wollte eine geeig- nete Mannschaft zusammenstellen. ..' -Rafe lachte bitter auf -'aber gerade, als der Zeitpunkt zum Aufbruch gekommen war, entschied er sich, mit seinem Sohn Urlaub an einem sicheren Plätzchen der Galaxis zu machen- und da wartete ein Mörder auf ihn.' 'Warum aber? Wie konnte man Raaxla finden, indem man ihn tötete?' 'Die Sache liegt anders: Ich glaube, daß bereits Leute auf Raaxla sind. Das ist nur eine Vermutung, aber nach allem, was Jason zugestoßen ist, scheint es so zu sein. Wir vermuten seit langem, daß eine Handvoll von ELITE- Kämpfern sich dort aufhält und durch den Zugang zu den anderen Uni- versen eine Menge Geld verdient. Mächtige Gauner sind es. Mächtig genug jedenfalls, um einen Mörder für denjenigen zu dingen, der ihre Vorherr- schaft gefährden könnte.' Rafe beugte sich etwas weiter zu Alex vor, seine hellen Augen sprühten in seinem grauen Gesicht. 'Ich habe Euch beide, Dich und Elyssia, auf Herz und Nieren geprüft. Das Dunkle Rad braucht Euch! Alle zwei. Aber glaube mir: Was Du gerade durchgemacht hast,ist nichts gegen das, was Dich erwartet. Du wirst ELITE werden. Aber dazu bedarf es einer Menge Training, einer Menge Kämpfe, und es wird Monate, vielleicht Jahre in Anspruch nehmen. Aber dann wird sich Dir das Universum in einer Weise öffnen, wie Du es Dir nicht ausmalen kannst.' Alex saß ganz ruhig da, und schaute gedankenverloren auf den alten Mann. In einer Ecke, halb im Schatten, stand Elyssia und sah, erschreckt von dem, was sie da hörte, ebenfalls zu ihm hin. 'Du hast die Trauer überwunden ?', fragte Rafe- und Alex nickte. Der alte Kauffahrer lächelte. 'Wie fühlt man sich eigentlich als reicher Mann ?' 'Ziemlich leer', sagte Alex. Der alte Mann lachte. 'Ihr seid die Richtigen für das Dunkle Rad. Genau die Richtigen!' ELITE, ein Status, der mehr als Wagemut, Machtgier und kalte Berechnung erfordert. ELITE: DAS DUNKLE RAD ist eine Novelle von Rob Holdstock, inspiriert von dem intergalaktischen Sternenhändler Abenteuer-Programm ELITE von David Braben und Ian Bell. Eine Fortsetzung ist für 1986 geplant. Die deutsche Übersetztung besorgte Alpha CH-6300 Zug