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Die Hitze wurde langsam unerträglich; Schweiß tröpfelte in einer schmalen Spur an Jareds linker Nasenseite herunter. Er wischte sich mit dem Rücken seiner schmierigen Hand über die Augen und blinzelte in das flackernde gelbe Licht. Er streckte die Hand aus und klopfte mit seinem langen Schraubenzieher an die Lampe, eine kleine Lichteinheit, die direkt in der Wand des Kabelkanals saß. Eine Sekunde lang glühte sie heller und ging dann ganz aus. Er fluchte zum x-ten Mal an diesem Tag leise vor sich hin und schlug härter gegen die Lampe; sie erwachte mühselig wieder zum Leben. Es war sowieso schon schlimm genug, sechs Stunden am Tag in einen 60cm weiten Tunnel gezwängt zu sein, eingeschränkte Bewegungsfreiheit behagte ihm nicht, und er haßte es, wenn es dunkel wurde. Er blinzelte wieder zu der Schalttafel hoch, die er gerade überprüfte, und dankte Gott, daß es für diesen Tag die letzte war.
   Jared gehörte zu einem Elite-Team von Computer-Wartungstechnikern. Im ganzen Bunker gab es nur sieben. Er hatte schon immer den Ehrgeiz gehabt, dazu zugehören, schon als Kind, aber in letzter Zeit hatte er angefangen, seinen Entschluß zu bedauern, schließlich war es überhaupt nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Als er älter wurde, hatte er jedes Geschichtsbuch gelesen, daß er bekommen konnte. Blakes Klassiker "Die Entwicklung des Psionengehirns", Jonsons "Die Entstehungsgeschichte des Computerdenkens" es gab nichts, was er nicht gelesen hatte. Der Computer war sein ganzes Leben, obwohl alle anderen ihn für verrückt hielten. War nützte es, fragten sie, zu was taugte ein Computerexperte schließlich im Bunker außer zur Wartung? Sogar die war nicht besonders schwierig. Der Computer sagte ihm, was er zu machen hatte, er brauchte nur wie eine Ratte im Loch herum zu kriechen und durchgeschlagene Schaltkreise zu reparieren. Jeder Idiot hätte das machen können. Jared seufzte und klappte den Deckel wieder über den Schaltkasten, den er gerade neu eingestellt hatte. Er drehte sich um, sodaß er wieder auf dem Brauch lag, und fing dann an, sich, Arme voran, in Richtung auf den Hauptverbindungstrakt vorwärts zu zwängen, der ungefähr hundert Meter weiter den Kabelschacht herunter lag.

   "So, für heute bin ich fertig?"
   "Danke, Jared", antwortete eine sanfte künstliche Stimme, "mach dir einen schönen, geruhsamen Abend"
   "Ja, ich werd‘s versuchen, aber Gott weiß, wen sie heute Nacht vorbei schicken."
   "Du weißt, daß es dir egal sein sollte, Jared. Manchmal glaube ich, du liest zuviele von diesen alten Büchern. Heutzutage liest niemand mehr Bücher."
   "Heutzutage tut niemand überhaupt mehr was, wenn du mich fragst", murrte Jared. Nach einer kleinen Weile kam er an den senkrechten Verbindungsschacht. Er quälte seinen Körper durch den rechten Winkel und begann, eine Hand nach der anderen, die lange Röhre hoch zu steigen. Seine Hände auf den Metallsprossen waren schmierig, aber die Sprossen waren im Laufe der Jahre so rostig geworden, daß er festen Griff hatte, und er kam schnell nach oben voran.

Bald wurde das Licht im Kabelschacht wärmer und heller: er näherte sich der Öffnung Jared warf seine Werkzeugtasche durch, ächzte und kletterte ihr nach. Er blieb einen Augenblick sitzen, sog die vergleichsweise reine Luft ein und streckte seine verkrampften Glieder Als er die Deckplatte anhob, sah er, wie tief es hinunter ging, und er schauderte. Große Höhenunterschiede waren ihm genauso verhaßt wie räumlich Beengtheit. Er hätte sich keinen unpassenderen Job aussuchen können. Mit seinem elektrischen Schraubenschlüssel machte er die Platte fest, und als der letzte Bolzen einrastete, seufzte Jared erleichtert. Vor fünf Jahren war es nicht so schlimm gewesen, als er Wartungsmechaniker war, damals hatte man ihn höchstens einmal in der Woche aus dem Büro geholt. Jetzt geschah es fast jeden Tag. Gott weiß was könnte passieren, wenn es schlimmer würde. Niemand sonst hatte auch nur das geringste Interesse daran, überhaupt im Bunker echte Arbeit zu leisten. Er warf sich die Tusche über die Schulter und latschte müde zum Transportband hinauf. Wenigstens hatte er im Kabelkanal etwas Ruhe und Frieden, dachte er in einem Anflug von Sarkasmus. Das Band fing zu laufen an, sowie er sich darauf stellte. Jared schloß die Augen und hielt sich an der Seite seiner Föderscheibe leicht an der Stange fest. Nach fünf Minuten hielt das Transportband plötzlich an, und er wurde zu Boden geworfen. Er fluchte laut.
   "Tut mir leid, Jared", sagte die ruhige, logische Stimme, "es scheint ein Fehler im Transportsystem vorzuliegen?‘ Das war ihm nicht neu.
   "Das ist nun schon das dritte, das diesen Monat kaputtgegangen ist!"

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